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Planen: Liturgischer Raum

Was ist gemeint?
"Liturgischer Raum" ist für diese Seite der Raum, der für die Funktionen des liturgisch gefeierten Gottesdienstes erforderlich bzw. förderlich ist. "Liturgisch gefeiert" bezieht sich dabei auf die derzeit aktuelle Gottesdienstpraxis in evangelischen Kirchen in Deutschland.
Dieser Gottesdienst kann von einem Pfarrer oder einer Pfarrerin allein gehalten werden und mit Predigt und Abendmahl zwei Brennpunkte haben. Er kann aber um dieselben Brennpunkte herum auch von einem Team gestaltet werden. Die folgenden Überlegungen kreisen also um den "normalen Sonntagsgottesdienst", weiten aber das traditionelle Modell auf durch das Einbeziehen von mehreren liturgisch wirkenden Personen. Daneben wird auch nach innovativen Elementen wie Medieneinsatz oder Tanzen gefragt. Entscheidend für den liturgischen Raum wird sein, dass er traditionelle Strukturen unterstützt und durch eine große Flexibilität neue Abläufe nicht hindert.

Meinung:
Dass der Gottesdienst durch feste und womöglich unbequeme Bankreihen eingefroren wird, darf nicht mehr sein! Ähnliches gilt für liturgische Räume, die durch herangebautes Gestühl so eng ausgelegt sind, dass gerade die kleine Gruppe am Altar und ein einzelner Liturg Platz haben. Die wünschenswerte liturgische Vielfalt wird also wesentlich durch die Ordnung der Gemeinde mitbestimmt. Dazu kommt, dass die Möglichkeit die liturgischen Gegenstände zu bewegen erst rechte Freiheit ermöglicht.

In der Regel wird der liturgische Raum durch die Ausrichtung der Gemeinde gefunden und durch die Anordnung der so genannten Prinzipalstücke (1) Kanzel, (2) Altartisch und (3) Taufstelle strukturiert. Dazu kommen (4) das Lesepult (Ambo), (5) die Sakristei und (6) Sitzplätze der Beteiligen (Küster/Mesner, Pfarrer, weitere).
Die Sakristei hat liturgische Funktion als Ort des zurückgezogenen Gebetes der Beteiligten sowie als Ort der Vorbereitung des Abendmahls. Sie dient meistens auch als Umkleideraum, dafür passt jedoch ein separater (7) Raum besser, vor allem wenn mehrere Mitwirkende im Gottesdienst Utensilien und Kleider dort wechseln.
Aus: Neufert, Bauentwurfslehre, 33. Aufl. 1992
Aus: Neufert, Bauentwurfslehre, 33. Aufl. 1992Eine klassische Unterscheidung der beiden traditionellen Strukturen des liturgischen Raumes zeigen die gezeigten Skizzen von Neufert. Links die (öfter für typisch protestantisch genommene) Stellung der Kanzel in der Mitte, bei der sie über dem Altartisch erhaben sein kann. Rechts die (im alten Kirchenbau durch die Anordnung eines Chores bewirkte typische) Anordnung mit zentraler Stellung des Altars und seitlich versetzter Kanzel.

Liste räumlich-funktionaler Anforderungen für einen evangelischen liturgischen Raum:
(Reihenfolge versucht eine Gewichtung anzugeben)
Zu einzelnen Bauteilen siehe auch Extraseiten:  Altartisch,  Kanzel,  Taufstelle,  Lesepult (Ambo)
Der Predigtort (Kanzel) muss so liegen, dass die Predigt auf allen Plätzen der Kirche verstanden wird und die predigende Person möglichst auch gesehen wird. Das Gesicht des Predigers soll erhellt sein und nicht im Schatten oder Gegenlicht liegen.
Das liturgische Zentrum (Ort der Gebete und liturgischen Leitung, umfasst nicht Taufstein, Kanzel, Ambo und nicht unbedingt den Altartisch) muss so liegen, dass die ganze Gemeinde verstehen kann, der Leitung folgen kann und die Symbole und liturgischen Vollzüge erkennen kann. Es soll auf den Altartisch bezogen sein. Das Fußbodenniveau im liturgischen Zentrum kann aus Gründen der Sichtbarkeit angehoben werden, soll aber keine hierarchische Höherordnung symbolisieren. Die Anordnung von Stufen ist im Blick auf die mögliche Vielfalt liturgischer Vollzüge genau zu prüfen.
Das liturgische Zentrum (Ort der liturgischen Leitung) soll die hellste Stelle der Kirche sein (vgl. Bühnenbeleuchtung). Dabei ist darauf zu achten, dass Akteure für die Gemeinde nicht im Gegenlicht stehen. Vielmehr sollen die Gesichter aufgehellt werden (nicht zuletzt für Schwerhörige).
Der Altartisch soll von der Gemeinde in Gruppen rundherum umstanden werden können (Tisch-Funktion).
Das liturgische Zentrum muss Raum für mehrere Sprecher bieten (z.B. beim Fürbittgebet), die sich abwechseln.
Das Lesepult soll, wenn auf einem Altartisch eine aufgeschlagene Bibel liegt, in Beziehung zu dieser aufgestellt sein (damit die Lesung aus der ausliegenden Bibel möglich ist).
Die Anordnung der Taufstelle ist weitgehend frei. Zu bedenken ist, dass ein Taufstein von mehreren Menschen umstanden werden kann. Schön ist es, wenn etliche zuschauende Kinder in den Raum zwischen Taufstelle und Gemeinde passen. Für den Brauch eine Taufkerze anzuzünden ist der Bezug zum Licht der Osterkerze oder der Kerzen auf dem Altartisch zu bedenken.
Der Sitzplatz des Küsters/Mesners liegt idealerweise nahe an der Sakristei und zugleich im Raum der Gemeinde (und mit ihrer Blickrichtung. Eine zweite Sakristeitür zur Gemeinde hin kann dienlich sein. Der Küster/Mesner soll sitzend und in der Bewegung nicht ständig den Blicken der Gemeinde ausgesetzt sein.
Der Sitzplatz des leitenden Liturgen soll so liegen, dass er nur wenige Schritte vom liturgischen Zentrum entfernt ist. Er soll möglichst nicht ständig den Blicken der Gemeinde ausgesetzt sein (z.B. wegen vorbereitendem Blättern in Büchern). Ein Sitzplatz in erster Reihe bei der Gemeinde empfiehlt sich, weil diese Anordnung unhierarchisch ist und flexibel im Blick auf die Zahl der liturgisch mitwirkenden Personen.
Sakristei und Altartisch sollen aufeinander bezogen liegen und damit die Bereitstellung der Abendmahlsgaben aus der Sakristei heraus unterstützen. Gegebenenfalls ist für die Aufbereitung der Abendmahlsgeräte eine mobile Einheit an geeigneter Stelle vorzusehen.
Dringend zu empfehlen ist die Anlage einer Fläche für darstellende Handlungen (szenische Beiträge; Aufstellung von Gruppen, Chören und Instrumentalmusikern; künstlerische Installationen; Tanz u.ä.). Sie soll im Vollzug das liturgische Zentrum nicht verdecken, also seitlich oder dahinter angeordnet sein. Mobile Gestühle machen eine flexiblen Umgang mit dieser Fläche möglich. Eine Erhöhung dieser Fläche über das Niveau des Fußbodens ist empfehlenswert (für mobile Bühnenelemente ist ein Lagerplatz in unmittelbarer Nähe vorzusehen!).
Die Arbeit des Küsters/Mesners wird unterstützt, wenn er am Altartisch von hinten oder seitlich die Abendmahlsgeräte bereitstellen kann ohne die liturgische Leitung zu stören.
Die Sitzplätze der weiteren Mitwirkenden am Gottesdienst sind zu bedenken. Sie sollen nur wenige Schritte vom liturgischen Zentrum entfernt liegen. Mühsames Heraussteigen aus Reihenbestuhlung soll nicht vorkommen müssen. Dies erfordert eine Anzahl von Sitzplätzen in erster Reihe. Denkbar ist auch eine Sitzreihe abgesondert von der Gemeinde (vgl. im katholischen Kirchenbau die Sitzplätze der Ministranten).
Die Sitzplätze von kirchlichen Zeugen und persönlichen Gästen bei Kasualien sind zu bedenken. Sie sollen durch ihre Anordnung im Bereich der Gemeinde liegen und zugleich die betroffenen Personen durch die Anordnung besonders unterstützen (unmittelbar hinter ihnen sitzen oder auch diagonal zur Seite hin).
Der liturgische Raum kann auf die ganze Kirche ausgedehnt werden durch Anordnung unterschiedlicher Altartische in den jeweiligen Bereichen für die Gemeinde.

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