74909 Meckesheim:
evang. Kirche (1849)

Foto: Einsendung Kirchengemeinde
Foto: Einsendung Kirchengemeinde
AdresseFriedrichstr. 8, 74909 Meckesheim < BLand: Baden-Württemberg < Deutschland
Geo-Lage (Karte s.u.): 49.322, 8.819 / 49° 19' 19" N, 8° 49' 8" O
kirchlichMeckesheim < Neckargemünd-Eberbach < Landeskirche Baden
KontaktGemeindeadresse:
Evang. Pfarramt, Prof.-Kehrer-Str. 2, 74909 Meckesheim, Tel. 06226 787422, Homepage www.meckesheim-moenchzell-evangelisch.de
Webseiten www.meckesheim-moenchzell-evangelisch.de
ÖffnungÖffungszeiten: täglich 10 bis 17 Uhr (im Winter bis Einbruch der Dunkelheit) • Signet »verlässlich geöffnete Kirche«seit 2012
Gottesdienstliche Angebote: Sonntags 8:50 oder 10 Uhr
Angebote der geöffneten Kirche: Schriftentisch (kostenlose Abgabe); biblischer Garten rund um die Kirche
Beschreibung:
Unsere Kirche wurde in den Jahren 1847 - 1849 erbaut. Grundsteinlegung war am 23.09.1847, die Urkunde dazu betont, dass die Kirche nach »ganz neuer Bauart« entworfen wurde.
Der Vorgängerbau war wohl in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts errichtet worden und nun zu klein und baufällig geworden. Während der alte Bau noch einigermaßen geostet war, wurde der Neubau zur Straße hin ausgerichtet, damit »der Turm von der Hauptstraße aus ganz gesehen wird«, wie der Architekt L. Lendorff schreibt.
Planung und Bauüberwachung oblagen in jener Zeit der Großherzoglich Badischen Baudirektion, vertreten durch den in Heidelberg residierenden Bauinspektor Ludwig Lendorff (ca. 1800-1853). Lebensdaten des Architekten Ludwig Lendorff sind nur wenige bekannt. Es gibt wenige Bauwerke, die er entworfen hat und die heute noch erhalten sind. Sein Hauptwerk war wohl die Mannheimer Hauptsynagoge, die 1855 fertiggestellt und im November 1938 zerstört wurde.
Lendorff schuf die Meckesheimer Kirche im neugotischen Spitzbogen-Stil, den Rundbogenstil der damaligen Zeit ablösend. Der Turm ist in die Vorderseite des Schiffes integriert, an der Rückseite des Schiffes ist der Chor angefügt. Die Außenwände sind aus hellem Sandstein aus Mühbach bei Eppingen, alle Dächer mit Schiefer gedeckt. Das Erdgeschoss des Turms bildet die Vorhalle vor dem Haupteingang. Zu beiden Seiten der Vorhalle führen Türen zu den Aufgängen zu den Emporen. Die Vorhalle schließt nach ober in einem Kreuzrippengewölbe ab. In der Lünette über dem Haupteingang liest der Besucher den Vers: »Unseren Eingang segne Gott«. Oberhalb der Firstlinie des Daches endet der quadratische Turm, es folgt ein Achteckgeschoss. Die vier Ecken am Übergang vom Quadrat zum Achteck sind mit Fialen (türmchenartiger Aufsatz an gotischen Bauwerken) und aufgesetzten Spitzen bekrönt. (Diese Spitzen wurden ebenso wie die Spitzen an der Giebelwand und das Kreuz auf dem Giebel über der Chorwand 1995 bei der Außenrenovierung wiederhergestellt.) Das Achteckgeschoss enthält die Glockenstube, die spitzbogigen Schallöffnungen sind durch Schalläden verschlossen. Eine achtseitige Spitzhaube beschließt den Turm. Sie ist mit Kreuz und Wetterhahn gekrönt. Das Hauptportal und der Balkon (Altan) darüber sind zwischen zwei Strebepfeiler eingefügt. Nur das Portal ist durch einige Hausteingliederungen ausgezeichnet. Der Balkon ist durch eine Maßwerkbrüstung abgeschlossen.
In der Mitte der Längsseiten sind weniger schmuckvoll gestaltete Seiteneingänge. Der westliche Eingang erhielt 1995 eine Rollstuhlrampe. Zwei Fensterreihen übereinander lassen von außen erkennen, dass die Kirche mit einer Empore ausgestattet ist. Gegliedert ist das Äußere durch einen umlaufenden Sockel, durch Lisenen (senkrechte Wandleiste), die durch Friese verbunden sind und durch das Hauptgesims. Den Lisenen sind Strebepfeiler vorgesetzt. Turmgesims und Giebelschrägen sind oberhalb des Zackenfrieses durch einen feinen Zahnschnitt geschmückt. Weitere Schmuckformen sind sieben gleichschenkelige, in den Sandstein eingetiefte Kreuze am Turmschaft und am rückwärtigen Giebel. Am Übergang vom Chor zur Giebelwand sind Sakristei und Abstellraum (heute Heizraum) harmonisch eingefügt.
Betritt man das Innere der Kirche, so wird man von der Helle und Farbigkeit überrascht. Auch hier findet sich die der äußeren entsprechenden Gliederung durch Pfeiler, Lisenen, Balken. Das Mittelschiff ist eindeutig betont, die massiv ausgeführte, dreiseitig umlaufende Empore ist Element der Architektur, nicht mehr nur provisorischer Einbau. Die Bögen der Arkaden sind unten Tudorbögen, ober Spitzbögen. Entsprechend der unterschiedlichen aufliegenden Last sind die unteren Pfeiler massiver als die oberen. Die oberen Kapitelle sind, weil nicht so leicht einzusehen wie die unteren, etwas einfacher gestaltet. Der 5/8-Chor, für evangelische Kirchen aus jener Zeit eine Besonderheit, schließt oben mit einem Gewölbe auf schlanken Pfeilern ab, es überdeckt den Altar wie ein Baldachin. Der Zackenfries an der Emporenbrüstung ist auch im Chor zu finden, er verbindet Schiff und Chor. Der »offene« Dachstuhl ist nur über dem Mittelschiff vorhanden, über den Emporen sind Flachdecken eingebaut. Das Gebälk des Dachstuhls ist kunstvoll gearbeitet, die Balken sind außerhalb der Verbindungen abgefasst • Balken, Sparren und Hängebalken liegen auf geschwungenen Konsolen auf. Die Hängesäulen enden in gedrehten Spitzen. Die Verbindungen der Balken waren ursprünglich mit Verzierungen versehen. Über offenem Dachstuhl und Balkendecke ist ein steiles Satteldach gespannt, der Raum zwischen Decke und Dach ist begehbar.
Die Farbigkeit im Inneren war ursprünglich viel bescheidener als heute, sie ordnete sich der Architektur unter. Beispiele aus der Erbauungszeit sind die dezente Farbverglasung der Seitenfenster, die Kapitelle der Säulen und einige bei der Restaurierung 1982 freigelegte Bemalungsreste im Chor rechts am verschlossenen Fenster. Ausgemalt sind Vorhalle, Langhaus/Schiff und Chor. 1888-1890 wurde eine reichere, ornamentale Ausmalung angebracht. Sicher wurde das damals vorhandene Schema nicht beseitigt, sondern kunstvoll weiterentwickelt. Man findet Rankenwerk, mehrstielige Lilien, flammenförmig bewegte Blätter am chorbogen, Blattstauden. Besonders reich ist der Chor ausgemalt, ganz im Stile der Frühromantik. Das blaue Himmelsgewölbe mit den goldenen Sternen ist auch in frühchristlichen Chorräumen zu finden, ebenso die Palmen des himmlischen Paradieses sowie die Sternblüten, die Himmel und Erde miteinander verbinden. Der Vorhang, hier nur gemalt, umgab den Ort des herrscherlichen Thronsitzes. Bibelworte sind zu lesen über dem Chorbogen: «Jesus Christus gestern und heute und derselbe in Ewigkeit« (Hebr. 13,8) an der westlichen Chorwand: »Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden«. (Mk 16,16)
Die heutige Ausmalung wurde bei der Innenrenovierung 1982 erneuert bzw. wiederhergestellt. Sie war von 1954 bis 1982 unter einem weißlichen Kalkanstrich verborgen. Auch die drei bunten Chorfenster wurden 1889 eingebaut. Das mittlere zeigt Christus im Gebet mit den schlafenden Jüngern im Garten Gethsemane, links ist Martin Luther und rechts Philipp Melanchton dargestellt. Der Stil der Bilder ist spätnazarenisch. Die Künstler sind nicht bekannt.
Vom Architekt Lendorff bereits entworfen sind der Altar, der bei der Innenrenovierung 1982 leicht verändert wurde und die Kanzel. Der Schalldeckel über der Kanzel wurde wohl 1889 in der heutigen Form angebracht. Einziges Ausstattungsstück aus der Erbauungszeit, das nicht aus Holz gefertigt ist, ist der Taufstein. Er stand ursprünglich am Ende des Mittelganges, in der Mitte vor den Stufen zum Chorraum und wurde 1982 an seinen heutigen Standort versetzt. Das schlichte, aus weißem Marmor gefertigte Kreuz auf dem Altar wurde 1935 gestiftet. Ein weiteres steinerne Ausstattungsstück kam 1999 hinzu: in dem Bogen am Ende des westlichen Seitenschiffes wurde ein Steintisch eingefügt, der das bei der Außenrenovierung 1995 geborgene Steinkreuz von der Giebelwand über dem Chorbogen trägt. Hier entstand ein Ort, an dem Andachten im kleineren Kreis gefeiert werden können. 1982 wurde der Ambo im Chorraum aufgestellt, das Predigtpult: der Pfarrer predigt näher bei der Gemeinde, die Verkündigung geschieht nicht mehr so sehr »von oben herab«.
Auch ganz praktische Einrichtungen kamen seit 1982 hinzu: eine Fußboden-/Umluftheizung, um eine besonders für die Orgel schonende Klimatisierung zu erhalten, eine Toilette sowie eine hochwertige Lautsprecheranlage. Die Fenster erhielten alle eine Doppelverglasung.


Die Orgel
Das mit weitem Abstand wertvollste Ausstattungsstück unserer Kirche ist die Orgel. Ihre Geschichte reicht zurück bis ins 18. Jahrhundert. In den Jahren 1773/1774 wurde von Andreas Krämer aus Mannheim für die dortige Garnisonskirche eine Orgel gebaut. Als 1782 die Kirche abgerissen wurde, wurde die Orgel ausgebaut und im Kapuzinerkloster eingelagert. 1805 ersteigerte die reformierte Gemeinde Meckesheim die Orgel, ließ sie vom Heidelberger Orgelbauer J. Anton I. Overmann aufarbeiten und im Frühsommer 1806 in der alten Kirche aufgestellt. Beim Abriss der alten Kirche wird die Orgel wieder ausgebaut und nach Durlach verbracht, wo Orgelbaumeister Louis Voit den Auftrag erhalten hat, die Orgel so umzubauen, dass sie in der neuen Kirche aufgestellt werden kann. Das Gehäuse entsteht nach den Plänen von Ludwig Lendorff, die noch verwendbaren Schleifladen und Register (Pfeifen aus Zinn und Holz) werden repariert, neue kommen hinzu.
In den folgenden Jahren muss verschiedentlich repariert und nachgebessert werden. 1917 werden ein Teil der Zinnpfeifen des Prospektes ausgebaut zur kriegswichtigen Munitionsherstellung, sie werden 1922 durch Zinkpfeifen ersetzt, die aluminiumfarbig lackiert sind. 1937 wird die Orgel durch die Firma E. F. Walcker, Steinsfurt, auf elektropneumatische Traktur umgebaut. Nachdem sich der Allgemeinzustand des Werkes sehr verschlechtert hatte, wurde 1984/1985 eine Generalsanierung durch die Orgelbauwerkstatt Peter Vier, Friesenheim, durchgeführt. Dabei wurde wieder auf eine rein mechanische Traktur zurückgebaut, der Spieltisch in die Vorderseite integriert und Pfeifen repariert bzw. neu gefertigt. Schmuckformen und Vergoldung sowie der Farbanstrich des Gehäuses wurden nach Original-Unterlagen ergänzt bzw. erneuert.
Bei der Renovierung 1954 war die Empore vor der Orgel um ein Feld vergrößert worden, um Platz für Kirchen- und Posaunenchor zu schaffen. Seither ist der Blick frei auf die Orgel, in ihrer ganzen Größe, Monumentalität und Schönheit seit 1985 wieder das Schmuckstück unserer Kirche. Sie ist die zweitgrößte und eine der ältesten Denkmalorgeln.

Die Glocken
Die drei Glocken der Vorgängerkirche waren während der Bauarbeiten für die neue Kirche in einem freistehenden hölzernen Glockenturm untergebracht, bevor sie in der neuen Kirche erschallen konnten. Um 1900 wurde eine davon schadhaft. Man beschloss, alle drei umgießen zu lassen (Andreas Hamm Sohn, Frankenthal). Die große Glocke, Ton fis, erhielt die Inschrift »Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid«, die mittlere, heute noch erhaltene, Ton a, »Gott ist die Liebe« und die kleine, Ton h, »Ehre sei Gott in der Höhe«. Sie waren aus Bronze gegossen, einem kriegswichtigen Material. So mussten 1917 die große und die kleine Glocke abgegeben werden. Sie wurden damals nicht komplett vom Turm herabgelassen, sondern in der Glockenstube zerschlagen, die Teile vom Turm herabgeworfen. Bei Aufprall zersprangen die Teile in noch kleinere Bruchstücke. In einigen Meckesheimer Familien werden heute noch solche Bruchstücke aufbewahrt.
1922 wurden zwei neue Glocken gegossen, die aber 1942 wieder abgegeben werden mussten. 1949 wurden dann wieder zwei neue Glocken (Gebr. Bachert, Kochendorf) gegossen, die zur Feier des hundertjährigen Jubiläums der Kirche zum ersten Mal erklangen. Die große, Ton fis, trägt die Inschrift »Gott loben ist unser Amt«, die kleinere, Ton h, «Verleih uns Frieden gnädiglich«.

Die Kirchturmuhr
Die mechanische Uhr ist im Mittelgeschoss des Turms eingebaut. Sie ist Eigentum der politischen Gemeinde. Die Uhr hat Gewichtsantrieb für Gangwerk und Schlagwerk, die Gewichte mussten früher täglich von Hand in die Ausgangslage hochgewunden werden.
Sie wurde 1889 von Ungerer Frères/Nachf. V. Schwilgue in Straßbourg gebaut. Sie ersetzte eine ältere mechanische Uhr, die schon in der Vorgängerkirche eingebaut war. Über eine Kardangelenkwelle wird das seitliche Umlenkgetriebe und von dort das Verteilergetriebe, das im Zentrum des Turmes hinter den vier Zifferblättern angebaut ist, angetrieben. Von dort treiben ebenfalls mit Kardangelenken ausgerüstete Wellen die Untersetzungsgetriebe hinter den Zifferblättern und die Zeiger an. Die Zifferblätter, Durchmesser ca. 2 m, wurden bei der Außenrenovierung 1995 überarbeitet. Die Schlagwerke an den Glocken (Hämmer, die auf den Glockensaum schlagen) werden durch Zugseile betätigt.
Im Jahr 2008 gingen wesentliche Teile der Uhr kaputt. Man beschloss die Uhr in ihrem Orignalzustand zu belassen. Das Uhrwerk, die Steuerung des Stundenschlages und die Läuteelektronik wurde auf elktronische Regelung umgerüstet. Das alte Uhrwerk steht immer noch an seinem angestammten Platz im Turm.
Diese Kirche in kirchbau.de (ggf. mehr Daten und Bilder).

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GEOBDEZ 49.322059
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